Freitag, 7. September 2012

Homo Soziales im Spannungsfeld des Lebens - Arbeit, Stress, und Soziale Bindungen

Heute war einer dieser Tage, wo auch das Schreiben leicht fällt und man eigentlich mehr als 24 h am Tag haben würde, und viele interessante Dinge liest, die einen zum Denken anregen. So ging es mir auch als ich auf einem meiner Lieblingsblogs, neben denen meiner Twitterfollower, rumstöberte. Auf „Ökonomenstimme“ fand ich folgende Artikel:

"Zerstört die Globalisierung die sozialen Bindungen des Menschen?"
http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2012/09/zerstoert-die-globalisierung-die-sozialen-bindungen-des-menschen/

Die Autorin Justina A. V. Fischer hat empirisch erforscht inwieweit die Globalisierung sich negativ auf die sozialen Bindung des Menschen auswirkt.
Sie konnte zeigen, dass die Globalisierung unterschiedlichen Einfluss hat. Der Impakt ist in den modernen Nationen viel höher als in den Entwicklungsländern. Eigentlich hätte man erwarten können, dass er gerade in diesen höher ist. Nur ist dem nicht so, da man zwar einen rasanten Wandel hat, aber die sozialen Strukturen in Takt sind.
Warum also schlägt es sich in den entwickelten Nationen so nieder?

Weil man über Deregulierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes mehr Druck auf die Menschen ausübt. Im Zeitalter, wo es schon normal ist, dass man Minimum bundesweit, wenn nicht sogar europaweit sich um Arbeit bemüht, leiden natürlich die sozialen Kontakte schon wegen der Entfernung. Dazu kommen, dank Befristung und Prekarisierung, auch noch Planungsunsicherheit (Wie lange habe ich meinen Job? Wird mein Vertrag verlängert?) auch noch Geldsorgen und Zeitprobleme.
Wer 40 und mehr Stunden auf der Arbeit ist, hat natürlich weniger Zeit, um soziale Kontakte zu pflegen. Denn Zeit ist nun mal ein begrenztes Gut. Dieser ganze Mix aus Problemen und Schwierigkeiten prasselt auf die Menschen ein. Da ist es nur folgerichtig, dass dann irgendwas auf der Strecke bleibt. Nun könnte man als Ökonom sagen, dass das irrelevant ist. Dafür haben wir mehr Wachstum, Wohlstand und unsere Arbeitsplätze sind sicher. Ja und Nein. Folgekosten des Ganzen sind neben steigenden Sozialausgaben in Folge von Burn-out, Depressionen, und anderen psychologischen Krankheiten, auch weniger Kinder, unterbrochene Erwerbsbographen und dadurch Altersarmut, noch ganz andere Folgen.
Ich hatte auf „G+“ einen Artikel geschrieben, der später im „Blicklog“ nochmal veröffentlicht wurde.

"Stress, Psychologie und Austerität: Oder warum die Politik schon am Menschen scheitert"
 http://www.blicklog.com/2012/05/24/stress-psychologie-und-austeritt-oder-warum-die-politik-schon-am-menschen-scheitert/

Dort hatte ich einige neuere Studien zum Thema Stress, Schlafstörungen und psychologische Krankheit verlinkt, bzw. erklärt. Eine Studie, die ich dort auch verlinkte und näher erklärte, will ich auch hier verlinken. Denn es zeigt ein Problem auf, dessen wir uns noch nicht bewusst sind.

"Stresserfahrungen über Generationen epigenetisch vererbt"
http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/100819_epigenetik_per/index

Dies war nur ein Tiermodel wie so etwas in der Forschung genannt wird. Nur was bei sozialen Tieren wie Mäusen ist, wird auch bei ebenso sozialen Tieren wie bei uns Menschen sein. Prinzipiell sind wir auch gar nicht soweit entfernt was unser Verhalten angeht, auch bei der Mutter-Kindbindungen, Freundschaften, und Teamwork usw.
Schon in der frühen Entwicklungsphase brauchen wir Menschen andere Menschen, um unser Selbst zu entdecken, daher ist ja auch die Mutter-Kindbindung, gerade in den ersten Jahren so wichtig. Man könnte sogar soweit gehen, dass wir auf soziale Interaktion getrimmt sind. Wir brauchen feste soziale Bindungen, um mit dem täglichen Stress fertig zu werden, aber auch zum Lernen und uns wohl zu fühlen. Menschen brauchen Menschen..

Zwar, und das wurde auch von ihr erwähnt, gibt es nun das Internet und damit die Möglichkeit auch Beziehungen aus der Entfernung aufrecht zu halten. Nur kann man den Anderen weder riechen, schmecken oder fühlen. Wenn es einem wirklich schlecht geht, dann hilft oft eine Umarmung mehr als nur ein Gespräch. Wir Menschen müssen fühlen und das mit allen Sinnen. Wir sind nun mal keine Maschinen, weder vom Körperlichen noch von unseren Denken her. Wie Stark wir andere Menschen brauchen, bzw. wie eng soziale Bindungen sein können, fand ich im Buch:
Das soziale Tier:
http://www.amazon.de/Das-soziale-Tier-Menschenbild-Beziehungen/dp/3421045313

Dort gab es einen kurzen Abschnitt, den ich im Moment nur sinngemäßt wieder geben kann. Ein Prof. war mit seiner Frau Jahrzehnte lang verheiratet. Sie starb und eines Tages sah er ihr Bild an. Er sah ihr dabei ganz tief in die Augen und plötzlich sah er sich selbst. Und in ihm erwuchs die Erkenntnis, dass sie gar nicht fort war, sondern in ihm weiterlebte. Sie teilten die Träume, Sehnsüchte, Erfahrungen der letzten Jahrzehnte und auch ihre Sorgen um ihre Kinder. Sie war also gar nicht fort, sondern immer bei ihm. In seinen Gedanken und vielen seiner Handlungen.

Das Ganze hat sogar einen wissenschaftlichen Hintergrund. Je mehr wir Zeit mit einem Menschen verbringen, desto stärker werden die Bahnungen im Gehirn, die wir für diesen Menschen aufbauen. Durch Priming und unbewusste Nachahmung übernehmen wir sogar teilweise ihre kleinen Macken oder Vorlieben, die sich mit den Jahren angleichen, bzw. durch den Partner/Freund ändern. Aus zwei Wesen können dadurch über die Jahre bald Eines werden. Wir fühlen uns in ihrer Nähe sicher und geborgen. Unser Gehirn, ja unsere ganzen Sinneswahrnehmungen, sind darauf getrimmt mit Anderen zu interagieren. Wir merken uns, wo wir uns wohlfühlen, aber kriegen fast Bauchschmerzen bei anderen Menschen, die uns mal Schlechtes taten oder uns mobbten.

Ich denke, dass daraus wohl nochmal eine Artikelreihe wird, ähnlich wie bei „Schnelles Denken, langsames Denken“. Wir Menschen sind nun mal weit mehr als billige Arbeitskräfte oder Statistiken. Und wir haben unsere Grenzen, was Stress, Produktivität, aber auch Leistungsfähigkeit angeht. Der Mensch ist die Kreativkraft, aber auch das Limit, was Wirtschaft angeht. Und langsam sollten wir dahinter kommen, dass es auch weit mehr gibt als nur Arbeit und Wirtschaft. Denn auch Freundschaften sollten gepflegt werden und sie kosten auch, vor allem Zeit.
Zeit die wir uns nehmen sollten, denn sie gibt uns so viel..

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"Menschen, Freundschaften und Soziale Netzwerke - Netzwerkpflege contra Moderne Arbeitswelt"
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