Freitag, 26. Oktober 2012

Lebenszufriedenheit und Depression - Zwei Seiten der selben Medaille

Was zwei Tweets doch für Inspration geben. Aber das ist ja meistens so.
Als ich gerade den Artikel auf Medicalexpress las:
"Genes, depression and life satisfaction"
http://medicalxpress.com/news/2012-10-genes-depression-life-satisfaction.html
Wo erklärt wird, dass Lebenszufriedenheit und Depression durch dasselbe Set an Genen reguliert wird, und idr Lebenszufriedenheit stärker als die Depression ist.
Zeigte mir Ralf keuper via Twitter folgende Studie.
"Angst und Ärger: Zur Relevanz emotionaler Dimensionen sozialer
Ungleichheit" die man hier http://www.zfs-online.org/index.php/zfs/article/view/3110/2648
downloaden kann.

Gehen wir also mal zu dem ersten Artikel.
Was wissen wir aus der Forschung?

Beide, Männer wie Frauen die an Depressionen leiden (15,8% und 11,1%) haben in der Zeit eine geringe Lebenszufriedenheit
74%ige Verbindung von Lebenszufriedenheit und Depression durch Gene
26% können auf Umweltfaktoren zurückgeführt werden. Stress, Sozialer Status, Persepktivlosigkeit usw usf 
Es sind die Gene, die erklären, warum wir Lebenszufriedenheit spüren. 
Stellt sich die Frage, können wir dann Depression vorbeugen?
Ja. In dem wir die Lebenszufriedenheit der breiten Masse fördern.
Und hier kommt auch der zweite Artikel ins Spiel.

Kurzer Ausszug:
Die Soziologie der Emotionen hat seit einigen Jahren
Theorien entwickelt, die die Verbindungen
zwischen den sozialstrukturellen Ursachen des emotionalen
Erlebens und den potenziellen gesellschaftlichen
Konsequenzen sozial strukturierter Emotionen
spezifizieren. So argumentieren zum Beispiel
Kemper (1978) und Collins (1990) sowie Houser
& Lovaglia (2002), dass Emotionen unter anderem
durch die vergleichsweise stabile Verteilung von
Status- und Machtressourcen und die kulturellen
Bedeutungen, die damit einhergehen, entstehen.
Die Ausstattung einzelner Bevçlkerungsgruppen
mit unterschiedlichen Ressourcen kann demzufolge
kennzeichnend für ein System sozialer Ungleichheit
sein, in dem Emotionen erstens als Gradmesser von
Ungleichheit fungieren und zweitens an Mechanismen
der Reproduktion von Ungleichheit beteiligt
sind. Diese Sicht spiegelt sich auch in empirischen
Studien zu den Zusammenhängen zwischen sozioçkonomischem
Status und physischer bzw. psychischer
Gesundheit (Adler et al. 1994; Marmot 2004;
Matthews & Gallo 2011). Auch Arbeiten zum Verhältnis
von sozialer Lage und allgemeiner Lebenszufriedenheit
bzw. dem Wohlbefinden basieren auf solchen Annahmen
(Krueger & Mueller 2011; Kahneman
& Deaton 2011; Bçhnke & Kohler 2009).

Hinsichtlich der Konsequenzen solcher „sozial
strukturierter“ Gefühle vertritt etwa Randall Collins
(1990: 27f.) die Ansicht, dass Emotionen ein
wichtiger Bestandteil sozialer Prozesse und gesellschaftlicher
Stratifikation seien, aus denen sich, so
Barbalet (2002) auch Rückschlüsse auf Handlungstendenzen
von Bevçlkerungsgruppen ableiten ließen.
Die Frage nach den Konsequenzen von Emotionen
für das soziale Handeln ist deshalb von
herausragendem soziologischem Interesse, da bestimmte,
emotionsinduzierte Handlungsmuster dazu
beitragen kçnnen, vorhandene Ungleichheiten
zu reproduzieren oder zu verstärken. Sighard Neckel
(1991) hat diesen emotionalen Mechanismus
für die Scham und die Reproduktion symbolischer
Ungleichheit aufgezeigt.
In diesem Sinne kçnnen Emotionen sowohl aus
mikro- als auch aus makrosoziologischer Perspektive
wesentlich zum Verständnis von Gesellschaft
beitragen. Bislang konzentrieren sich empirische
Studien zu den Zusammenhängen von sozialer Lage
und emotionalem Erleben jedoch entweder auf vergleichsweise
diffuse affektive Phänomene (zum Beispiel
auf Glück oder Zufriedenheit), die wenig aussagekräftig
für potenzielle Handlungskonsequenzen
sind, oder aber auf pathologische Ausprägungen
von Emotionen (Headey et al. 1993; Matthews &
Gallo 2011).

Ziel dieses Beitrags ist es, die bestehende Forschung
zu ergänzen und dazu beizutragen, Aussagen über
die sozialstrukturelle Verteilung des emotionalen
Erlebens zu generieren. Wir konzentrieren uns dabei
auf zwei Emotionen, die erstens zum basalen
Emotionsrepertoire des Menschen zählen (Izard
2009), zweitens mit nahezu konträren Handlungstendenzen
und einem stark divergierenden subjektiven
Empfinden einhergehen (Lerner & Tiedens
2006) sowie drittens in hohem Maße mit der sozialen
Lage eines Akteurs korrelieren sollten (Collett
& Lizardo 2010; Schieman 2003): Angst und Ärger.
Beide Emotionen sind zudem von hoher soziologischer
und gesellschaftspolitischer Relevanz, wie
sich etwa an ihrer Rolle in soziologischen Modernisierungstheorien
(Angst und Unsicherheit; vgl.
Beck et al. 1994), in der Konfliktsoziologie (Ärger
und Aggression; vgl. Collins 2008), der Devianzforschung
(vor allem Ärger, vgl. Agnew 1992) und der
Forschung zu sozialen Bewegungen (u. a. Ärger,
vgl. Pettenkofer 2006; Terpe 2009). Dabei verstehen
wir unter Emotionen im Sinne einer Arbeitsdefinition
episodische Reaktionen, die sich in Qualität und Intensität unterscheiden, objektgerichtet sind
und mit einem charakteristischen phänomenalen
Empfinden, bestimmten physiologischen Veränderungen
und spezifischen Handlungstendenzen einhergehen
(vgl. Meyer et al. 1993). Angst betrachten
wir als eine Reaktion auf oder Antizipation von unerwünschten
Ereignissen oder Gefahren, die zumeist
als alternativlos wahrgenommen wird und
von Hilflosigkeit, Unsicherheit und geringen Kontrollchancen
begleitet wird. Ärger wird ebenfalls als
Reaktion auf unerwünschte Ereignisse verstanden,
verweist jedoch stärker auf die Blockierung eigener
Wünsche und Ziele (etwa im Falle von Ungerechtigkeit)
und geht in der Regel mit Feindseligkeit und
einem Handlungsimpuls zur Beseitigung des Ärgerobjekts
einher.

Man erkennt schon daran, dass diese Arbeiten weit mehr dazu Beitragen könnten, zu verstehen, wie sich Gesellschaftliche Ungleichheit auf die allgemeine Lebenszufriedenheit innerhalb der Gesellschaft auswirkt.

Das unsere derzeitige Politik nur zu höherer Ungleichheit und damit im Endeffekt das Gegenteil zur Steigerung der Allgemeinen Lebenszufriedenheit bedeutet, hatte ich ja schon in mehreren Artikel beschrieben.
"Dem Individuum die Schuld geben - gesellschaftliche Probleme"
http://malkurznachgedacht.blogspot.de/2012/10/dem-individuum-die-schuld-geben.html
oder
"Blogparade Austerität - Warum uns Perspektivlosigkeit krank macht"
http://malkurznachgedacht.blogspot.de/2012/10/blogparade-austeritat-warum-uns.html

Daher sollte man mal langsam überlegen, wie wir diese Politik ändern können.
Denn Alternativlos ist die nicht, und dient im Endeffekt auch der Gesundheit.
Den was nützt diese Politik den eigentlich, bzw wem nützt sie?
Der Mittelschicht bestimmt nicht..
Oder um es mit Daniel Kahnemann zu sagen:
"Ziel der Politik sollte es sein, menschliches Leid zu verringern. Wir streben nach einem niedrigen U-Index in der Gesellschaft. Die Bekämpfung von Depression und extremer Armut sollte eine Priorität sein!" 

Edit:
Ralf Keuper hat mich via Twitter auf die Salutogenese hingewiesen
http://de.wikipedia.org/wiki/Salutogenese
Interessantes Konzept.


Kriterien salutogenetischer Orientierung

  1. sich an Stimmigkeit, aufbauender Kohärenz, Verbundenheit orientieren;
  2. sich auf Gesundheit (attraktive Ziele, Vorstellungen) ausrichten;
  3. sich auf Ressourcen ausrichten;
  4. das Subjekt und Subjektive (Selbstwahrnehmung, subjektive Theorien, Eigenaktivität usw.) wertschätzen;
  5. Aufmerksamkeit für systemische Selbstorganisation und -regulation (auch Selbstheilungsvermögen) haben (individuell und kontexbezogen: sozial, kulturell, global);
  6. dynamisch sowohl prozess- als auch lösungsorientiert denken (bzw. durchdacht sind) und auf Entwicklung und Evolution achten;
  7. mehrere Möglichkeiten einschließen: z. B. sowohl salutogenetisch als auch pathogenetisch.

Ausweitung auf Soziale Gruppen/Gesellschaft
Das Konzept der Salutogenese wurde durch Antonovsky und andere Forscher auf die Familie und ihre sozialen Interaktionen ausgeweitet. Aaron Antonowsky und Talma Sourani weisen eine Korrelation des Familien-Kohärenzgefühls mit allgemeiner Zufriedenheit auf, ohne eine direkte Kausalität zu postulieren, und sie deuten das Maß an Kohärenz als möglichen Hinweis auf die Fähigkeit von Familien, mit Stressoren und Konflikten umzugehen. Doris Bender und Friedrich Lösel zeigten auf, dass die Erfahrungen in der Beziehung auch auf das Kohärenzgefühl zurückwirken können. Walter Schmidt spricht von der Herausforderung an partnerschaftlich orientierte Paare, Elternschaft und Erwerbsarbeit so zu gestalten, „dass die auftretenden Konflikte strukturiert, vorhersehbar und erklärbar gemacht werden[,] Ressourcen entdeckt und verfügbar gemacht werden, diesen Konflikten zu begegnen[, und] die Konfliktbewältigung – oder zumindest Konfliktverringerung – als Herausforderung gesehen wird, die Anstrengung und Engagement lohnt“. Schmidt hebt des Weiteren die Stärkung generalisierter Widerstandsressourcen in Anwendung des Salutogenese-Ansatzes als Lösungsansatz hervor.
Results Both men and women who met the criteria for lifetime major depression (15.8% and 11.1% respectively) reported lower life satisfaction. 74% of the relationship between major depression and life satisfaction could be explained by genes. The remaining association (26%) could be explained by unique environmental factors. The researchers also calculated the heritability of dispositional life satisfaction and major depression separately. The heritability of dispositional life satisfaction, which has not previously been reported, was estimated to be 72%. In other words, it is largely genes that explain why we differ in our tendency to be satisfied and content with our lives. Major depression had a heritability of 34%, which is highly consistent with previous studies.

Read more at: http://medicalxpress.com/news/2012-10-genes-depression-life-satisfaction.html#jCp
 
Results Both men and women who met the criteria for lifetime major depression (15.8% and 11.1% respectively) reported lower life satisfaction. 74% of the relationship between major depression and life satisfaction could be explained by genes. The remaining association (26%) could be explained by unique environmental factors. The researchers also calculated the heritability of dispositional life satisfaction and major depression separately. The heritability of dispositional life satisfaction, which has not previously been reported, was estimated to be 72%. In other words, it is largely genes that explain why we differ in our tendency to be satisfied and content with our lives. Major depression had a heritability of 34%, which is highly consistent with previous studies.

Read more at: http://medicalxpress.com/news/2012-10-genes-depression-life-satisfaction.html#jCp
Results Both men and women who met the criteria for lifetime major depression (15.8% and 11.1% respectively) reported lower life satisfaction. 74% of the relationship between major depression and life satisfaction could be explained by genes. The remaining association (26%) could be explained by unique environmental factors. The researchers also calculated the heritability of dispositional life satisfaction and major depression separately. The heritability of dispositional life satisfaction, which has not previously been reported, was estimated to be 72%. In other words, it is largely genes that explain why we differ in our tendency to be satisfied and content with our lives. Major depression had a heritability of 34%, which is highly consistent with previous studies.

Read more at: http://medicalxpress.com/news/2012-10-genes-depression-life-satisfaction.html#jCp
Results Both men and women who met the criteria for lifetime major depression (15.8% and 11.1% respectively) reported lower life satisfaction. 74% of the relationship between major depression and life satisfaction could be explained by genes. The remaining association (26%) could be explained by unique environmental factors. The researchers also calculated the heritability of dispositional life satisfaction and major depression separately. The heritability of dispositional life satisfaction, which has not previously been reported, was estimated to be 72%. In other words, it is largely genes that explain why we differ in our tendency to be satisfied and content with our lives. Major depression had a heritability of 34%, which is highly consistent with previous studies.

Read more at: http://medicalxpress.com/news/2012-10-genes-depression-life-satisfaction.html#jCp
Results Both men and women who met the criteria for lifetime major depression (15.8% and 11.1% respectively) reported lower life satisfaction. 74% of the relationship between major depression and life satisfaction could be explained by genes. The remaining association (26%) could be explained by unique environmental factors. The researchers also calculated the heritability of dispositional life satisfaction and major depression separately. The heritability of dispositional life satisfaction, which has not previously been reported, was estimated to be 72%. In other words, it is largely genes that explain why we differ in our tendency to be satisfied and content with our lives. Major depression had a heritability of 34%, which is highly consistent with previous studies.

Read more at: http://medicalxpress.com/news/2012-10-genes-depression-life-satisfaction.html#jCp

1 Kommentar:

  1. Hier, wie zum Beispiel auch in der Volkswirtschaft (was mehr mein Brevier) ist stellt sich immer die Frage nach der Richtung der Kauslität. Es gibt ja durchaus Menschen aus vermögenderen und oder generell besser situierten Verhältnissen, die ebenso an Depressionen leiden. Weiter stellt sich die Frage, ob es hier eine Monokausalität gibt. Nichts desto trotz kann man als Aufgabe der Politik definieren, unser aller Leben zu verbessern.(In diesem Zusammenhang: das Leben in Deutschland oder in Europa .... oder in der Welt)Jetzt aber noch kurz zu der "Politik". Wer ist das eigentlich? Idealerweise spielen wir alle hier eine Rolle (in realiter wohl nicht). Ungleichheit hat auch unterschiedlichste Dimensionen - zweifelsohne negative aber auch positive. Insgesamt also sehr komplex.Ich tendiere dazu hier zwei unterschiedliche Themenbereiche zu sehen: 1. Ungleichheit - wieviel wollen wir? Was macht Sinn? 2. Depressionen: wie kann man einzelnen Menschen helfen? Was muss man da tun?

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